„Besonderer“ Probenansatz: Freiheit auf dem Boden einer gesunden und einfachen Struktur

Eine Besonderheit bei der Erarbeitung neuer Stücke ist der Umgang mit Patterns und Grundlagen der Bluesimprovisation. Durch meine Profession besonders im Saxophonbereich gehört frühes Improvisieren zum pädagogischen Konzept. Das bedeutet für mich in erster Linie den freien Umgang mit der Pentatonik (Dur und Moll) und die Einbeziehung der Bluesskala. Konkret beziehe ich mich in unserer Probenarbeit auf rhythmische Grundpattern aus den Bereichen Rock, Blues, Latin, Balladen und Klezmer. Die einfachen Grundmuster lassen den Musiker/innen eine größtmögliche Freiheit in der Entfaltung ihrer musikalischen Ideen. Bestes Beispiel hierfür ist der Titel „Blues and Rock out“, der Rudi über einem einfachen Bluesschema, das im zweiten Teil zu einem Rockschema verwandelt wird, die volle Entfaltung seiner stimmlichen Möglichkeiten bietet. Ähnliche Erfahrungen haben wir da auch im Bereich der Techno- und Rapmusik gemacht, die mit denselben Mitteln arbeitet. Genaugenommen sind diese rhythmischen und tonalen Grundpattern die Grundlage unseres kompletten musikalischen Handelns in der COMBO. Jedes Stück (ausgenommen der mehr klassische Bereich von Roland Bonifer) lässt sich auf einfache Grundmuster reduzieren, die aber im Endprodukt des Arrangements durch die Genialität der Musiker/innen nicht im Vordergrund stehen. Den tonalen Patternbereich benutzen wir besonders für Roland als Orgelsoli im Rock- und Popbereich. Für ihn war es auch eine ganz neue und wohltuende Erfahrung mit einem Tonvorrat von maximal sechs Tönen völlig neue Seiten eines Musikstücks und seiner Persönlichkeit entdecken zu können. In diesem Fall auch deswegen, weil Roland gelernt hatte sich über die notengetreue Wiedergabe von Musik zu definieren. Er ist grundsätzlich sehr selbstkritisch und das freie Spiel hat ihn auch ein stückweit selbst befreit. An dieser Stelle möchte ich auch die Mundharmonika erwähnen, die Uwe Schneider (E-Bass) gezielt als Soloinstrument in Balladen einsetzt. Er besitzt mittlerweile ein „Grundsortiment“ in den Stimmungen C, D, A, E und F. Das sind unsere meistbenutzten Tonarten bei den Balladen. Auch hier ging ein musikalisches Aha-Erlebnis in der Form voraus, daß Uwe spontan über einem Flächenklang der Keyboard-Strings zur Mundharmonika griff und sich mit einem sehr innigen und ausdrucksstarken Solo fantastisch in die ruhige Stimmung des Titels integrierte. Das Prinzip der einfachen Grundstruktur lässt sich auch auf andere Bereiche unseres gemeinsamen Handelns beziehen. So ist es sehr wichtig, daß jede/r seinen Platz im Raum kennt, um ihn nach seinen Möglichkeiten auszufüllen. Damit ist natürlich auch der Platz am Instrument gemeint, und die einfachen Grundstrukturen haben eine positive Erweiterung in dem Sinn erfahren, daß alle Beteiligten sich selbständig einfinden und sich selbständig um ihre Instrumente und deren Spielfähigkeit kümmern.
Das war in den ersten Jahren der Gruppe ein häufig grosses Durcheinander, was aber auch zum großen Teil an der chaotischen Anfangsorganisation, die viel zu undurchsichtig und damit nicht „einfach grundstrukturiert“ war. Das Prinzip ist übertragbar auf unsere Termingestaltung, auf die Rahmenbedingungen eines Auftritts, auf unsere Freizeitgestaltung und letztlich reduzierbar auf unseren eigenen Lebensrhythmus (ich beziehe mich da bewusst mit ein).

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